Pia, sei mir nicht böse, aber im Prinzip kennst Du die Antwort und wenn Du den Hengst nutzen willst, dann würde ich das tun, Aber wenn Du den Segen derer erbittest, die auf ein paar Jahre Zuchterfahrung zurückblicken können, dann bringt es Dich vermutlich nicht weiter, wenn Du einen Scheckhengst nach dem anderen aus dem Zylinder zauberst und fragst, ob wir den gut finden.
Alle die Hengste - außer vielleicht dem jungen Österreicher - haben ihre Berechtigung in der Zucht und bestimmt haben sie durch eine bestandene Körung und HLP bewiesen, dass sie zumindest die Anforderungen aus sportlicher, bzw. reiterlicher Sicht für die Zucht erfüllen.
Ich schrieb es schon an mehreren Stellen - ich kann mich für sehr viele Hengste begeistern, wenn ich sie als Reitpferd oder Sportler anschaue, aber aus züchterischer Sicht muss ich mir ihre Vererbung anschauen und entscheiden, ob sie die Baustellen meiner Stute verbessern könnten.
Ich kenne Deine Stute nicht, aber ich kenne meine gescheckte Stute und ich habe zwei Fohlen von ihr, die mir zeigen, was gepasst hat und was nicht.
Du kennst die Vererbung Deiner Stute noch nicht. Wenn Du ganz sicher gehen willst, dass Du ein Traumfohlen bekommst, dann kann ich Dir nur raten, Dir eines zu kaufen. Wenn Du züchten möchtest, dann wirst Du bereit sein müssen das Risiko einzugehen, dass das Fohlen vielleicht nicht das Pferdchen sein wird, was Du erhofftest, denn im schlimmsten Fall steht da auch von einem Scheckhengst ein einfarbiges Fuchsfohlen mit einer riesen Laterne im Gesicht neben der Stute, das sich in den von Dir gewünschten Punkten nicht verbessert hat.
Die Stute gibt 60%. Um hier das größtmögliche Optimum zu erzielen, kannst Du entweder einen zuchtbewährten Stempelhengst nutzen, der selbst so durchgezüchtet ist, dass man zumindest berechtigte Hoffnung haben kann, dass das Fohlen zumindest die 40% der Erbmasse des Vaters als zukünftiges Potential ausschöpft, oder Du wagst ein Experiment mit einem Hengst, der Deine Attribute erfüllt und hast entweder Glück, dass der Hengst vererbungsdominant war, oder Du hast das Pech, dass er all das, was Du von ihm erwartet hast nicht erfüllte.
Ich habe mit Charming Irco einen bewegungsstarken und charakterlich einmaligen Hengst im Stall stehen, den ich in diesem Jahr mit meiner besten Trakehnerstute verbandele - aber die Stute ist absolut konsolidiert durchgezüchtet und die Stutenfamilie hat sich züchterisch und sportlich durchweg bewährt.
Charming Irco hat tolle Fohlen gemacht, aber die Chance, dass er aus Deiner Stute ein S-Dressurpferd zaubert, die ist genauso hoch, wie die, dass es ein ganz normmales Pferd wird und vielleicht noch weniger Qualität hat, als die Stute, denn er ist, wie alle Scheckhengste nicht konsolidiert durchgezüchtet und wie alle Scheckhengste hat er Stärken und Mängel. Im Idealfall gleicht die Stute die Mängel aus, wenn sie vererbungssicher ist ... aber auch diese Stuten wachsen nicht zu Tausenden auf den Bäumen.
Ich hoffe, Du bist mir nicht böse, wenn ich nun sehr klar und deutlich werde, aber die Verantwortung, für das Fohlen, was Deine Stute zur Welt bringt, die musst Du alleine übernehmen. Dir ist nun oft und in mehreren Foren geraten worden, keinen Schecken zu nutzen. Wenn Du es dennoch tust, dann ist das vollkommen in Ordnung, aber dann wirst Du auch nicht erwarten können, dass alle ihre Meinung ändern und ja sagen, nur weil Du es Dir wünscht.
Im Prinzip hast Du Dich entschieden und es ist müssig, nun seitenlang Hengste durchzusprechen, wenn es Dir darum geht, dass Du Deine Wahl bestätigt bekommst und nicht darum, Dich wirklich beraten zu lassen, denn ansonsten würdest Du die Scheckenidee nicht immer wieder aufbringen, obwohl Du nun auch weisst, dass die Chance auf ein Scheckenfohlen sich lediglich um 25 % erhöht, wenn Du einen Scheckhengst nutzt - wobei trotzdem ein einfarbiges Fohlen fallen kann. Wenn dann zu Gunsten der höheren Chance auf Farbe das weniger auf die Chance auf Qualität gewählt wurde und dem Fohlen dann nicht nur die Farbe, sondern auch noch die erhoffte Qualität fehlt, ist das ein Risiko, über das ich sehr lange nachdenken müsste, ob ich bereit wäre das einzugehen.
Ich habe immer den Weg gewählt, dass ich für das Fohlen, auch wenn die Farbe fehlte, eine reelle Chance hatte, dass es aufgrund der vorhandenen Qualität trotzdem marktkonform gezüchtet war.
Unser letztes einfarbiges Hengstlein vom Abenteuer wurde von unserem TA so kommentiert:" Zum Glück hat der keine Flecken, denn als Brauner hat der sicher alle Chancen im Sport Erfolge zu sammeln. Als Schecke wäre er doch nur wieder irgendwo bei einem Freizeitreiter gelandet." Ich habe meine Pferde immer gerne an Freizeitreiter verkauft, denn oft haben diese Pferde ein tolles Leben und werden sehr geliebt, aber im Jahrbuch Sport tauchen sie nicht auf und im Jahrbuch Zucht nutzen sie dem Hengst leider auch nichts bei der Berechnung des Zuchtwertindex ... der kleine braune Hengst ist an einen Sportreiter verkauft worden und ich bin sicher, er hat zumindest die Chance, dass Abenteuers Index durch ihn wächst.
Aber der kleine Mann ist kein rezessiver Pinto und kein "versehentlich" Einfarbiger, sondern ein brauner Oldenburger von einem Oldenburger Rapphengst. Der Käufer wollte keinen Schecken und hätte ihn als Bunten niemals gekauft, aber er suchte einen braunen Oldenburger von einem Oldenburger Hengst und aus einer Oldenburger Stute und fand ihn ... wäre er ein Kind von Scheckeneltern gewesen, dann wäre er als "verfehltes Zuchtziel" ein Fall für das "Billigklientel" gewesen, selbst wenn er die gleiche Qualität gehabt hätte, aber es ist leider so, dass sich die Vorurteile gegen Schecken hartnäckig halten und teilweise leider auch berechtigt sind und wenn im Papier einen Schlichtbraunen der Vater ein Schecke ist und die Mutter ein Schecke, dann folgen meist Argumente wie:" ... Vater gescheckt und Mutter gescheckt und dann hat der nichtmal wenigtens die Farbe passend ..." Wenn das Produkt aus Schecke mal Schecke nicht wenigstens bunt ist, dann muss es auf jeden Fall besser sein als alle gewollt einfarbigen Fohlen, damit man ihm eine Chance gibt.
Die letzten jahre in dem Job haben mich leider desillusioniert und auch wenn ich es mir wünschen würde, dass man als Scheckenhengsthalter oder Scheckenzüchter und -reiter nicht überall diskreminiert wird, wo man mit einem Schecken auftaucht, habe ich die Hoffnung nun längst aufgegeben, dass sich da noch etwas ändert.
Wenn Du Dir nun einen Scheckhengst als "Schwiegersohn" ausguckst, dann soll es so sein, aber Du solltest schauen, dass der Hengst für Österreich zugelassen ist, bzw. der Samen auf einer EU-Station gewonnen wird, denn sonst musst Du mit der Stute nach Deutschland fahren und auch in Deutschland brennen lassen. Sollte der Hengst nur im Natursprung decken, wie das wohl bei Artifact der Fall ist, dann kann das eine Menge Stress für Deine Stute bedeuten, wenn sie 10 Stunden auf dem Anhänger zum Hengst in die Priegnitz transportiert wird und drei Wochen später - hoffentlich - tragend wieder Richtung Heimat reist. Wenn sie dann auf der Fahrt resorbiert, fährst Du die Strecke noch einmal und so wäre es dann zweckmäßig, wenn Du die Stute im April zum Hengst fährst und im September sicher tragend erst wieder abholst.
Art Deco ist vermutlich über TG über die USA zu beziehen. Aber bei 400 $ Buchungsgebühr und dann noch mal 1.400 $ Decktaxe kannst Du noch einmal gut 800 Euro für den Samentransport und die Klinik- und Besamungskosten rechnen und wenn Du dann einen TA hast, der mit Tiefgefriersamen kaum Erfahrung hat, dann wirds noch teurer und bei 3 Portionen bleibt nicht viel Raum für Experimente ... jedenfalls habe ich 1.200 Euro in TG von Scarlatti investiert und kein Fohlen gehabt, obwohl ich einen TOP-TA hatte. Das TG muss vor allem in Stickstoff gelagert werden. Da ist abzuklären, wer den Transportbehälter stellt und wer den Samen aufbewahren kann, damit der dann noch funktioniert - ein 3-Sterne Kühlfach und ein Platz neben Dr. Oetkers Tiefkühlpizza reicht da leider nicht, da sind schon Minus 196 Grad nötig.
Ich denke, bevor ich für das Geld ein so hohes Risiko eingehen würde, da wäre ein Pferdekauf vermutlich sinnvoller.
Ich weiss nicht, in wiefern Du Dich mit TG, FS und Besamung, Natursprung und all dem auskennst oder ob Du einen TA oder eine Pferdeklinik kennst, die da Ahnung haben, aber informiere Dich besser vorher, bevor Du eine unangenehme Überraschung erlebst.
LG Sabine
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Geh Wege, die noch niemand ging, damit Du Spuren hinterläßt und nicht nur Staub Antoine De Saint-Exupéry
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