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so nun mal wieder was für die Abteilung Taschentuch:
Erinnerungen ...
Seit Tagen zermartere ich mir den Kopf, welche der vielen Geschichten, die ich in den langen Jahren mit meinen Pferden erlebte, es wohl wert wäre für den Autorenwettbewerb der Firma Eggersmann aufgeschrieben zu werden. Schöne Erlebnisse gab es viele – auch weniger schöne. Aber interessiert es die Leser wirklich, wie ich glücklich ich mich fühlte, als ich mit meinem 3-jährigen Trakehner-Wallach nach monatelanger Disharmonie (ich hatte jeden Quadratzentimeter der Hallenbande auf Tuchfühlung genossen) und allen Warnungen der Wisser und Besserwisser zum Trotz, das erste Mal erfolgreich in einer Reitpferdeprüfung vorstellen konnte? Nicht einmal der Fast-Absturz in der Siegerehrung konnte meine Freude trüben. Dann die erste gewonnene A-Dressur, der Titel des Vereinsmeisters. Es waren Stationen und Highlights eines Reiterlebens. Meines Reiterlebens. Andere gewannen in der selben Zeit Prüfungen im M und S-Bereich. Ich denke nicht dass sie glücklicher waren als ich, die ich mich über unsere kleinen, mit dem Partner Pferd selbst erarbeiteten Erfolge und Fortschritte freuen durfte. Aber die sind eben nicht wirklich spektakulär.
Von meinem Bildschirm grinst mich immer noch eine leere Seite an. Dafür ist mein Kopf voll mit bunten Bildern. Wie ein Super-8-Film spulen sie sich durchs Gehirn. Körungen, Stutenschauen, Fohlenchampionate. Erfolge in den Hengstleistungsprüfungen. Viele Momente, in denen wir die Sektkorken zur Feier des Tages knallen ließen. Auch die Freude und die Erleichterung, als Intschuschuna nach der Kolik-OP aus der Klinik gesund wieder nach Hause kam oder Charming Irco trotz dunkelster Prognosen des Tierarztes nach seinem Unfall wie durch ein Wunder geheilt wurde. Für uns unvergessliche Momente. Aber sind sie für einen Leser, der die Pferde nicht kennt und keine Beziehung zu ihnen hat nachvollziehbar? Passieren diese Geschichten nicht täglich irgendwo irgendwem? Fesseln solche Erlebnisberichte denjenigen, der die bedruckten Seiten liest? Oder bringen sie ihn wenigstens zum Schmunzeln oder gar Lachen? Fasziniert der Schreiber den Leser, oder legt dieser das Pamphlet gelangweilt zur Seite, wie die vielen anderen Pferdebücher bekannter und unbekannter Autoren, die nur eine Wiederholung bereits veröffentlichter Werke sind?
Mein Ziel wäre es, den Leser mit zunehmen in die Geschichte, ihn teilhaben und miterleben lassen. Aber wie?
Vielleicht mit der Geburt unseres ersten selbstgezüchteten Fohlens. Was waren wir stolz und glücklich. Aber es wäre wahrscheinlich nur eine Geschichte wert gewesen, wenn als Krönung der erste Zuchtversuch dreijährig mit einer Schärpe in Warendorf am Bundeschampionat gestanden hätte. War aber leider nicht so. Seine Karriere endete 2 ½-jährig in der Kadaververwertung, nachdem er unheilbar krank geworden war beim neuen Besitzer. Kein Happy End – Keine gute Geschichte. Und einer mehr auf den immergrünen Wiesen, der dort auf mich wartet, irgendwann.
Meine Gedanken schweifen ab. Sambuco, Herba, Anuschka, Burgfee, Zauberlehrling und Nachtwind werden noch einmal lebendig. Ziehen mit wehenden Mähnen und Schweifen vor meinem geistigen Auge vorbei. Halten inne, blicken mich an. Nah sind sie jetzt, ganz nah. Ich möchte ihre seidig schimmernden Hälse berühren, meine Hände auf die geblähten Nüstern legen, ihren Atem spüren, mich in ihren dunkel glänzenden Augen spiegeln. Ich flüstere ihre Namen, aber sie hören mich nicht mehr. Sie sind zurückgaloppiert, dahin, wo es keine Weidezäune gibt und keine Boxentüren. Keinen Sporen der sie dahin treibt, wo sie nicht hin wollten, keinen Zügel, der ihren Lauf bremst. Dafür immergrünes Gras.
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Ich kämpfe gegen den Kloß in meinem Hals, schlucke die Tränen hinunter, die heiß in meinen Augen brennen. Wir sehen uns wieder, irgendwann.
Warum enden meine Pferdegeschichten eigentlich immer traurig? Je mehr ich in der Vergangenheit nach meinem schönsten Erlebnis mit den Pferden suche, desto mehr wird mir bewusst, dass all den schönen Erlebnissen meist ein nicht eben schönes folgte. Eine chinesische Weisheit fällt mir ein: „Du musst die Fäuste öffnen, um Wasser schöpfen zu können“. Das heißt man muss bereit sein etwas loszulassen, um etwas anderes zu bekommen. Um Raum für Neues zu schaffen.
Hat dieser weise China-Mann je geliebt? Weiß er denn nicht wie schwer das Loslassen ist? Musste er je Ketten um schlanke, kalte Fesseln legen und die sterbliche Hülle einer Pferdeseele, mit dem Trecker aus der Box ziehen? Oder das Einverständnis zum Erlösen geben, wenn das Leiden dem geliebten Tier unerträglich wurde?
Sie, die uns vorausgegangen sind, haben ihre „Hall of Fame“ in meinem Herzen. Die Zeit heilt alle Wunden. Aber es bleiben trotzdem immer Narben zurück, die uns an den Schmerz erinnern. Mein Tierarzt sagte mir:“ Wenn du dich nicht mit der Tatsache abfinden kannst, dass Tiere uns kein ganzes Leben begleiten können, weil ihre Lebensuhr schneller abläuft als unsere, darfst du nicht züchten. Leben und Sterben gehen Hand in Hand.“ Ich glaube, ich habe ihm daraufhin gesagt, dass ich dann, wenn ich mich mit damit abgefunden habe, meine Pferde sterben zu sehen und ihr Tod mich nicht mehr rührt und ich aufhöre um sie zu weinen, wenn ihre Seele geht und uns den toten, kalten Körper zurücklässt, aufhören werde zu züchten. Wer nicht um seine Freunde trauern kann, der konnte sich sicherlich auch nie mit ihnen oder über sie freuen. Ich schäme mich meiner Traurigkeit nicht, wie ich mich auch der Freude nicht schäme und gäbe es die Trauer nicht, so gäbe es auch nicht die Freude und auch keine Hoffnung.
Hoffnung ...Wir heißen Euch hoffen. Wer hat das geschrieben? Johannes Mario Simmel? Welch lyrisch-poetischer Buchtitel. Welch eine Weisung, welch ein Versprechen an die Zukunft: Es geht weiter! Ein neuer Tag, ein neues Glück.
Glück und Hoffnung waren unsere Begleiter, sind es noch immer, wie auch die Trauer. Die Erinnerungen holen mich ein. Ja, wir durften auch oft auf den Schwingen der Hoffnung zum Erfolg segeln. Es gibt es, das schöne Erlebnis, über das ich jetzt schreiben möchte. Ob es das schönste war, was ich mit meinen Pferden erlebt habe? Ich will das heute nicht beurteilen, denn das hieße ja, dass nichts schöneres mehr passieren wird. Welch trostlose Aussicht in die Zukunft. Aber es war mit Sicherheit eines der fröhlichsten Erlebnisse bislang – im nachhinein betrachtet.
In fliegender Hast suche ich im Ordner nach den Fotos um die Erinnerungen wach zu rufen in mir. Ich finde sie. Halte sie in der Hand. Betrachte sie lächelnd. Meine Schimmeline. Unschuldig schaut sie in die Kamera, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Dabei hat sie mich bis auf die Socken blamiert damals. Ich schmunzele heute, wenn ich an das Fiasko denke. Damals war ich zuerst ziemlich sauer. Aber mit Abstand betrachtet, hatte die Sache schon eine ganz eigene Komik à la Anuschka.
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Ich blättere meinen Kalender im Kopf zurück. 2003, 2002, 2001. Dezember, November, Oktober, September, August, Juli... der 15. Es ist der Tag des ZfDP-Landeschampionates im Rahmen der Tarmstädter Landwirtschaftsausstellung. Nuschi, mein schneeweißes Trakehnermädchen begegnet mir abermals. In einem Nebel zwischen Traum und Wirklichkeit erscheint ihr Seidenfell in göttliches Licht getränkt so weiß, dass ich die Augen schließen muss, um nicht geblendet zu werden. Sie trägt die Siegerschärpe der Landeschampionesse um den herrlich geschwungenen Hals. Ihr typvolles Gesicht, ihr dunkles Auge. Sie scheint so lebendig. So real. Es ist mir als lebte sie wieder bei uns und ich glaube schon ihr heiseres Wiehern zu hören. Vielleicht täusche ich mich auch. Sie ist wieder da! In mir ist die Freude des Wiedersehens und ein Jubeln wie von Engelschören klingt in mir. Und das Lächeln, das in mir zum Lachen wächst, fliegt direkt aus meinem Herzen hin zu ihr. Und in der Erinnerung sind wir jetzt wieder zusammen. Den Abschied von ihr – gab es ihn?
Ich halte die Erinnerung und die Bilder ganz fest. Nicht nachdenken, nicht jetzt. Zurück in meine Vision, in die Vergangenheit. Zurück zu meinem Pferd!
Der Endring brachte die Entscheidung im Juli des Jahres 2001. Unsere Anuschka war Siegerin der Reitpferde! Natürlich wollte ich es mir nicht nehmen lassen, als stolze Besitzerin mein Erfolgspferd selbst zur Siegerehrung zu führen, obwohl ich gerade die Krücken nach meiner Knieverletzung abgegeben hatte. Aber schließlich war die Stute keine unerfahrene Dreijährige, die unkontrollierbar herumhopst, sondern im reifen und gesetzteren Alter von 15 Jahren und wusste sich überdies zu benehmen ...dachte ich. Erwartungsvoll warteten wir bis wir aufgerufen wurden: “Siegerstute und Landeschampionesse der Reitpferde wurde die Trakehnerstute Anuschka XIV von Marduc –Habicht –Ibikus vom Forsthof Antaris, im Besitz von Sabine Bröckel“. Das ging runter wie Öl. Den Anranzer vom Zuchtleiter, der bemängelte, dass ich statt der von der Kleiderordnung vorgeschriebenen schwarzen Hose mit weißem Oberteil einen Schlabberpulli und Jeans trug, steckte ich so weg. Erstens wollte ich keine Grundsatzdiskussion entfachen, dass der Verband für so einen Tag nicht genügend T-und Sweat-Shirts mit Verbandsemblem in der gängigen Größe M bereit hielt und ich kein Oberteil in XL kaufe, über dessen Saum ich bei einer Körpergröße von knapp 1.60m stolpere. Zweitens war ich ja Besitzer und nicht Vorführer und drittens konnte nichts, noch nicht mal der Zuchtleiter meine Freude trüben.
Stolzgeschwellter Brust nahmen wir die Ehrungen und Gratulationen entgegen. Also, eigentlich nahm ich sie entgegen. Anuschka beschloss bereits zu diesem frühen Zeitpunkt dem Zauber hier und Jetzt ein Ende zu bereiten. Was heißt: Sie schnaubte und rollte mit den Augen wie ein Mustang, als man ihr das schwarz-rot-goldene Band um den Hals legte und die Siegerschleife ans Stirnband heftete. Wer unser Pferdchen kannte, der wusste: Jetzt war sie nicht nur schlecht gelaunt, sondern ziemlich sauer. Ein lauer Wind kam nun auf und wehte das Zeugnis ihres Sieges vor ihre Stirn. So um ihre Sicht beraubt und von raschelnden Stoff-Fetzen am Ohr gekitzelt war ihre Geduld nun doch mächtig strapaziert. Ungehalten schüttelte sie den Kopf. Der Schleifenlästling hatte nach etlichen Schlenkern auch ein Einsehen und fiel auf die Erde. Heißa, das war zuviel für meinen Schimmel. Angreifer in bunten Farben aus Stoff hatten ihr schon ein paar Wochen zuvor die Fassung geraubt, als der Tierarzt ihr einen Rivanol-Hufverband anlegte. Schimmeline war der Meinung, dass diese neongelbe Pracht, die ihren Huf verbarg, unmöglich ein Körperteil von ihr sein konnte, und es galt die Flucht davor zu ergreifen. Wer schon mal versucht hat, vor seinem eigenen Fuß zu fliehen, weiß welche Not unser Traki-Mädchen nun hatte. Alles Wegspringen und drumrumhüpfen half nicht, der gelbe Huf verfolgte sie eisern. - 4 -
Irgendwann ergab sie sich zwar ihrem Schicksal, stand aber bis zur Entfernung des Verbandes damit auf „Kriegsgelbfuß“. Und nun war ihr Entsetzten groß, als direkt vor ihrem Vorderfuß abermals ein stoffig-buntes Etwas über die Erde flatterte. Damit es nicht wieder an ihrem Hüfchen festkleben konnte, entschloss sie sich zur Flucht durch einen beherzten Sprung seitwärts. Damit hebelte sie das physikalische Gesetz aus: Wo eine Masse ist, kann keine zweite sein. Denn auf ihrem Landeplatz stand ich, die Stallplakette und den Gutschein untern Arm geklemmt, den Pokal in der Linken, den Zügel in der rechten Hand. Und das Pferd nun auf meinen Füßen. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle auch erwähnen, dass mein Stutchen und mich unser Figurproblem verband. Locker formuliert: Wir neigten beide zur barocken Form und sahen irgendwie dauerschwanger aus. Wobei Anuschka es wenigstens meist war – bis auf die Zeit zwischen dem Abfohlen und dem Besamen in der Fohlenrosse. Ich hingegen war den Schwangerschaftsüberhang 12 Jahre nach der Geburt unserer Tochter immer noch nicht los geworden. Wo ich also stand war nun rein physikalisch außer der Masse ich (65 Kilo – ungeschummelt) noch die Masse Anuschka (grob geschätzt 700 Kilo). Was zuviel ist, ist zuviel. Pokal, Gutschein und Stallplakette fielen der Schleife hinterher und boten ein malerisches Stilleben im Gras, dass um ein Haar von meinem Hintern ergänzt worden wäre, hätte ich nicht Standfestigkeit bewiesen. Ich strafte mein Tierchen mit einem bösen Blick, der allerdings von ihr entgegnet wurde und außerdem glaubte ich in Ihren Augen zu lesen:“ Was stehst Du auch im Weg, schließlich habe ich gehupt!“ Ich bückte mich und sammelte die verlorenen Ehrungen ein, da raschelten die Stoffbänder in meiner Hand und Nuschi sprang wieder zur Seite. In meiner Bemühung nicht wieder alles fallen zu lassen, nahm ich die Zügelhand zur Hilfe und zuppelte wohl dabei am Gebiss. Schimmeline rastete nun endgültig aus, denn ein Trakehner mag kein Gerupfe am Zügel. Auch nicht, wenn es unbeabsichtigt war und der Haltfindung ihres Frauchens dienen sollte. Rückwärtsrennen, Vorderbeine anheben und nach hinten ausschlagen war ein Arbeitsgang. Dazwischen versuchte ich die Kontrolle über mein Pferdchen zurück zu erlangen. Leider entdeckte sie nun, dass sie für ihre Nachbarin zur Linken gar keine Sympathie empfinden konnte und schoss wie ein Haifisch vor mir, die ich dazwischenstand her und mangelte mich abermals fast um. Nun war aber Schluss mit Lustig. Für dieses ganz und gar untrakehnerliche Verhalten haute ich ihr das Zügelende gegen den aufgerissenen Rachen und schnauzte sie anscheinend (ich weiß das nicht mehr so genau) mit meinem trakehnerfeindlichsten Vokabular an. Freunde behaupteten später ich hätte meinen Schimmel lautstark gefragt, ob ihr wohl die Elchschaufel vors Gehirn gefallen sei und soll sie als stubbeldummen „Krakehler-Trakehner“ bezeichnet haben. Überdies hätte ich sehr deutlich Zweifel am Mut des Trakehnerblut geäußert und drohte meinen „ Trakehner – Pferde mit Herz und Verstand“-Aufkleber sofort von der Heckscheibe unseres Patrols zu entfernen, wenn sie nicht aufhören würde, so eine Schau abzuziehen wegen nichts. Auch den siebten Gewährsmangel in Form des Trakehnerbrandes soll ich ihr vorgeworfen haben.
Egal, was immer ich geäußert hatte, sie war schwer beeindruckt und hielt zumindest für einen Moment in ihrem Tun inne. Wenn jetzt nicht die ungarischen Reiter mit Peitschenknallen auf den großen Ring gefetzt wären ...
Anuschka fing an zu piaffieren. Taktrein! Bis heute weiß ich nicht wann sie das geübt hatte. Mir brach so langsam der Schweiß aus. Nahm denn diese Siegerehrung kein Ende? Aha, jetzt hatte zumindest der Zuchtleiter meine Not erkannt und bat die anderen Teilnehmer Abstand zu halten. Anuschka setzte nun zum Finale an. Sie erhob sich auf die Hinterhand zur Levade. Zwei Sprünge nach vorn – nennt man das Courbette? Und als Abschluss eine fast fulminante Kapriole.
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Die Fotografin berichtete, dass Nuschis Hufe um ein Haar einen dienstbeflissenen Helfer niedergestreckt hätten, der dann genauso schnell von dannen, wie zuvor zur Hilfe eilte. Das Kommando zur Ehrenrunde im Trab schien mir die Erlösung. Nach drei oder vier Bucklern, die jedes Rodeopferd in den Schatten gestellt hätten, fanden wir den gewohnten Takt wieder und schwebten gen Ausgang. Das heißt, sie schwebte, ich versuchte ohne die letzte Contenance zu verlieren Schritt zu halten. Die Zweitplatzierten hielten einen Gewaltsabstand. Sie trauten wohl der irren Schimmelzicke nicht mehr. Draußen fragte mich ein Zuschauer, ob es denn viel Zeit brauchte dem Pferd solche „Kunststückchen“ bei zu bringen. Gerade wollte ich erklären, dass diese Zirkusnummer fern meiner Absicht war, da meinte ein ganz Schlauer:“ Ach was, den Lipizzanern ist das Talent für die Hohe Schule doch angeboren!“ So war unsere Trakehnerin zum Lipizzaner mutiert und blieb auch zuhause noch jahrelang der „Lipikehner“. Unsere Freunde, die uns als ST´s (Schautrottel) und Chearleader ( kann leider nur frei als Fanclub übersetzt werden, da der Dictionary darauf keine Antwort wusste) begleiteten, erzählen noch heute mit Lachtränen in den Augen, wie unsere Pferdedame ihr Frauchen vorgeführt hat. Einige fahnden noch heute im lupenreinen Trakehner Pedigree nach etwaigem Favory, Siglavy oder Maestoso-Blut und behaupten, dass mein Schimmel mit seinen barocken Formen in der „Spanischen Hofreitschule“ nicht aufgefallen wäre, hätte man sie dort eingeschmuggelt.
Der Erfolg in Tarmstedt blieb bis zu Anuschkas Tod, der sie fast auf den Tag genau drei Jahre später, am 26.07.04, mitten aus dem Leben riss, ihr größter. Auch für mich war es trotz allem unser schönster gemeinsamer Tag, den ich hier und heute noch einmal mit meiner einzigartigen Schimmelstute in der Erinnerung durchleben durfte...
Der Nebel hat sich gelichtet. Anuschkas Bild hat sich mit ihm aufgelöst und die Wirklichkeit hat mich nun wieder, obwohl ich mich nun ertappe, dass ich leicht entrückt lächelnd vor dem Bildschirm sitze und auf endlos viele dicht beschriebene Zeilen blicke. Anuschka war zurückgekehrt. Für die Dauer der Erinnerung an unseren gemeinsamen Tag. Für die Dauer einer Vision – wenn es eine war. Denn während ich schrieb, fühlte ich sie ganz nah und war mir sicher, dass sie mir mit schelmischem Blick über die Schulter sah und sich freute, dass sie doch so ganz anders zum Mittelpunkt des Schautages wurde, als ich das geplant hatte.
Ich sehe nach der Uhr. Es ist spät geworden. Ich muss noch einmal in den Stutenstall. Die Notlampe spendet ein diffuses Licht. Nüstern schieben sich über die Boxentüren. Alle Mädchen werden noch mal gestreichelt. An der Box in der sie so lange zuhause war halte ich inne. Nein, ich habe nicht gehofft, sie dort wieder zu finden. Aber leer ist ihr Stall trotzdem nicht. Ein kleiner Rappe begrüßt mich mit fröhlichem Gebrummel. Er ist jetzt bald sechs Wochen alt. Um seine Augen sind, wenn man ganz genau hinschaut, ein paar einzelne weiße Haare zu erkennen. Er wird ein Schimmel werden, wenn er groß ist, wie seine Mutter, die er verlor, als er acht Tage alt war. Ich schiebe die Tür einen Spalt weit auf. Seine Schnute sucht nach der Milch, die ich ihm in seinem 5-Liter Eimer angerührt habe, wie alle 5 Stunden. Er drängelt, das geht ihm zu langsam. Jetzt endlich darf er sein Schnäuzchen in die warme, weiße Mahlzeit tauchen. Er lutscht und schmatzt und hat im Nu vier Liter Flüssigkeit eingesüppelt. Ich streichle ihn während er seinen Durst stillt, kämme mit den Fingern seine lockige Fohlenmähne und flüstere ihm Koseworte ins Ohr. Handfestes ist ihm aber lieber und so kaut er beglückt meinen Pulloverärmel nass, nachdem die Milch alle ist. Dass er das nicht darf, weiß er inzwischen, es interessiert ihn aber nicht wirklich.
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Seine Mama ist wahrscheinlich sehr stolz auf den so sehr nach ihr geratenen Sohn, der ihre Gene, Ihr Trakehner-Erbe in sich trägt und in dem sie für uns weiterlebt. „Pass gut auf mein Mädchen“, flüstere ich, „pass gut auf auf unseren kleinen Amaro, von dort, wo immer du jetzt bist.“
Also eigentlich ist doch schon dein Thread an sich eine ganz nette Geschichte. Vieleicht ergänzt du hier und da noch zu den einzelnen kleinen Geschichten einige Details und fertig ist sie. Deine Schreibe ist jedenfalls ganz interessant.
******************************************************************* Lass dich nicht zum Krüppel machen, von dem was war - denn wer bereut, vergeudet sein Leben. Man muss eben kämpfen, wenn man das gewünschte erreichen will!
@Sabine:Sag mal hast Du schon mal überlegt ein Buch herauszubringen ??Ist ja der Hammer was Du immer so schreibst-leider fehlt mir manchmal die Zeit alles genau durchzulesen.. Auch bin ich da etwas schreibfauler...
Leider wird Belletristik rund ums Pferd von kaum einem Verlag verlegt. Da gibt es die Fachbücher bei Cadmos, Kosmos oder dem FN-Verlag u.ä. oder die Kinderbücher, wie Bille und Zottel. Aber Pferdegeschichten von Sabine wurden abgelehnt, weil sich so ein Buch nicht vermarkten läßt und keiner es lesen will - es sei denn es kommt aus den USA und heißt "Der Pferdeflüsterer" und wird dann mit Robert Redford verfilmt...
Also kommt weiterhin ihr in den Genuß
LG Sabine _________________________________________________
Geh Wege, die noch niemand ging, damit Du Spuren hinterläßt Antoine De Saint-Exupéry
Liebe Sabine, ich liebe Deine Geschichten und ein Buch von Sabine Bröckel würde ich ganz sicher in die erste Reihe stellen. Allerdings braucht man immer Taschentücher, oder Pampers... weil ich entweder vor lauter Tränen Lesepausen einlegen muß
oder ich mir vor Lachen in die Hose mache
aber die Geschichten auf Deiner homepage hab ich alle verschlungen und ich habe mich sehr oft wiedergefunden. Ich wünsche Dir und mir auf jeden Fall, daß die Pampersvariante die eindeutige Mehrheit in Deinem Leben übernimmt.... Liebe Grüße Petra ...und sollte es mal ein Buch geben, hoffe ich auf eine handsignierte Ausgabe mit Widmung.....
Ich habe die Manuskripte schon ziemlich oft eingereicht und immer mit dem üblichen Standartbrief zurückbekommen und so habe ich es irgendwann aufgegeben - na ja, nach der 10. Absage bekommt man nicht nur Frust, sondern auch Zweifel, ob das, was man da zu Papier brachte, wirklich so lesenswert ist. Umso motivierender ist es natürlich, wenn Ihr meine Geschichten mögt und so machte es mich auch zufrieden, denn eigentlich ist es ja egal, ob man für die Schreiberei bezahlt wird und dafür schreiben muß, was die Marktforschung verlangt oder ob man schreibt, was einem bewegt und dabei erfährt, wieviel Seelenverwandte es gibt, die einem nur zu gut verstehen können.
Sicher zwackt der Ehrgeiz einem dann und wann und wenn ich zum 100. Mal gefragt werde, ob man meine Geschichten nicht in einem Reitsportmagazin, als Buch oder Hörbuch bekommen könnte, dann kann ich mich von einem Anflug von Wehmut nicht freisprechen, denn wer fühlt sich nicht doch ein wenig "gebauchpinselt", wenn die eigene Arbeit Anerkennung findet und wird dementsprechend auch frustriert, wenn einem dann erklärt wird, daß sich solche Geschichten nicht vermarkten lassen, denn wen interessiert schon, wie es Sabine Bröckel im Pferdestall zumute ist oder was sie vom Wandel der Zeit im Reitsport hält. Autoren wie Manon Donner oder Holger Heck leben nicht mehr und mit ihnen starb wohl auch das Interesse an ihren Büchern. Ich habe die Droge Pferd Band 1 und 2 verschlungen und Band 1 ist restlos vergriffen - kann es sein, daß es vielleicht doch noch gelesen würde? Natürlich las ich den schwarzen Hengst Bento - er war ja schließlich ein Trakki - und Fury, Black Beauty und Flicka begleiteten mich durch meine Kindheit und Jugend. Lise Gast habe ich immer gerne gelesen - "Die Sache die man Liebe nennt". Es geht um Liebe, einen Reitkurs in Marbach und um Pferde. Utta Danella hat Pferdebücher geschrieben und sogar von Konsalik gibt es "Des Sieges bittere Tränen" - wobei man leider in jeder Zeile den mangelnden Sachverstand des Verfassers bedauern muß. Clemens Laar schrieb "Meines Vaters Pferde" und ich litt mit der Hauptfigur Jürgen Godeysen und freute mich, als er mit Mayard das Rennen gegen den Zug gewann. Natürlich las ich die Bücher von Arthur Heinz Lehmann - und zwar alle von der Stute Deflorata, über Raubautz, den Herrgott der Pferde, das Dorf der Pferde, das höchste ist ein Schnalzer bis hin zum Hengst Maestoso Austria. Irmgard Zeiler schrieb über die Geschichte eines Pferdekaufs in "Ein Königreich für ein Pferd" und setzte die Geschichte fort in "Das Glück der Erde" und wie so oft, da fand man sich selbst wieder in den Geschichten. Gaby Keller macht in ihrem Buch "Hengstparade" das Reiterhotel Vox (heißt aber im Buch dann Lex) hier in der Nachbarschaft zum Ort eines Krimis um Mord, Missgunst und große Gefühle - so ein bisschen Pilcher oder Cartland für Reiter.
Aber von Manon Donner, da habe ich die Bücher nicht gelesen, sondern habe die Handlung mitgelebt. Ich habe geweint, wenn sie traurig war und mich mit ihr über die Fohlen ihrer Signoretta gefreut. Ich habe ihre Angst förmlich spüren können, als die Panzer sie aus ihrem Paradies in Hoppegarten vertrieben und der Tod ihrer Freunde und Pferde schmerzte mich fast so, als hätte ich sie alle gekannt, die, von denen sie erzählte: Herr Valentin, der seine Hühner Clothilde und Creszenia taufte, den knurrigen Trainer Charlie mit dem großen Herzen, den Freund Pan, der nur noch an den Alkohol und die Pferde glaubte, die Nährväter der Pferde Knoppe und Hase und die Vollblutpferde des Gestütes - Waldpeter,den Traberhengst, Antigone und Hermonie, die schönen Griechinnen, den alen zahnlosen Max, Arco der ostpreußische Wallach, der doch eigentlich ein Hengst war und die Stute Signoretta, die Mutter der Hengste Secondo, Stern, Schwarzer Prinz und Solario. Von Signoretta handelt dann auch das zweite Buch und als ich gerade aufatmete, daß Manon, ihr Mann und die Pferde in Wiesengrund eine neue Heimat fanden, Stern xx bei den Trakehnern und Solario xx bei den Hannoveranern Deckhengst sein durfte, da müssen sie wieder ein neues Paradies finden und das Buch "Alles der Pferde wegen" ist trotzdem nicht melancholisch oder mutlos geschrieben worden, sondern immer mit der Hoffnung im Herzen, daß Gott sie lieb hat, denn er schenkte ihr die Pferde.
Na ja. Und wenn ich im Trakehner Hengstbuch dann den Hengst Stern betrachte, dann ist es fast schon so, als betrachtet man das Foto eines alten Bekannten, den man schon als Kind kannte und an dessen Geschichte man beteiligt war - wenn auch nur als stiller Zuschauer und Leser ...
Ooops. Wieder mal habe ich mich vom Hölzken zum Stöcksken geschrieben, aber wer Zeit und Muße hat einen Abend vor dem Kamin mit einem guten Glas Rotwein zu verbringen, dem empfehle ich die Bücher zu lesen von Manon Donner. Bei http://www.zvab.com erhält man die meisten von ihnen als Taschenbuch für ganz wenig Geld.
Und sollte es wirklich so weit sein, daß ich mein Geschreibe zwischen zwei Buchdeckel gedruckt in einem Buchladen stehen sehe, dann steht auf der ersten Seite ganz sicher: "Ich danke den Mitgliedern des Pintoforums, daß sie mich immer wieder inspirierten und motivierten" und handsigniert, Petra, geht natürlich klar
LG Sabine _________________________________________________
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Hey Sabine....UND WAS IST MIT MIR?????**ichdannauchhabenwill**** Wir haben ja schon beim letzten Treffen darüber gesprochen und somit finde ich die Idee total klasse!! Und wenn du dann noch deine Tochter mit ins Boot(**ähmräusper** BUCH!!) ziehen könntest, damit sie dir die geschriebenen Zeilen malerisch abrundet, dann bin ich die erste, die auch noch von deiner Tochter eine handsignierung möchte!!Geht doch klar, oder????**zwinker***
Für dich erstmal
WEITER SOOOOOOO!!! Sanna _________________________________________________
Die Pferde haben mehr Spass an den Menschen als diese an den Pferden, weil der Mensch offenkundig die komischere der beiden Kreaturen ist.
wenn Du erlaubst, dann werde ich mal mit meinem Chef sprechen. Ich finde Deine Geschichten haben es verdient endlich gedruckt zu werden.
Die Bücher über Flicka, Hengst Maestoso Austria...die habe ich auch alle gelesen...und irgendwo im Keller meiner Eltern müssten sie noch "vergraben" sein...
wenn Du es schaffst, dass meine Geschichten in Buchform erscheinen, dann hast Du aber was gut bei mir. Also, natürlich erlaube ich es, daß Du sie Deinem Chef zeigst. Ich bin sogar aufgeregter als ein Kleinkind vor Weihnachten, wenn ich daran denke, daß ich vielleicht die Ehre habe meine Signatur in Eure Exemplare zu schreiben.
Sanna, das mit der Unterschrift geht klar, aber Du musst sie Dir natürlich persönlich abholen, damit wir noch einmal so einen tollen Abend verbringen können.
Oder wir nutzen die Gunst der Stunde doch noch ein Forumstreffen zu organisieren. Wenn wir dann was zu feiern haben - dann feiern wir und wenn es nicht klappt mit dem Deutschen Buchpreis und einem Stand in Frankfurt an der Buchmesse, dann haben wir zumindest auch einen Grund mehr uns einen zu trinken
LG Sabine (die jetzt in die Tastatur haut, damit es auch ein dickes Buch wird, das sein Geld wert ist) _________________________________________________
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